Die Möglichkeiten zur Entwicklung von Innovationen aus Afrika sind vielfältig.
Der Erfolg des Projekts und die damit verbundene nationale und internationale Aufmerksamkeit gelten als besondere Katalysatoren für die Differenzierung und Professionalisierung der kenianischen Technologieszene. Das Zusammenspiel von „von oben“ (ein Mobilfunkunternehmen, das Innovationen vorantrieb) und „von unten“ (einzelne technologieorientierte Akteure) ermöglichte eine damals in Afrika einzigartige Kultur.
Es entstand ein wirtschaftliches und soziales Klima, in dem die Ressourcen gebündelt werden konnten, und die wichtigsten Denker der kenianischen Technologie- und Gründerszene arbeiteten zusammen, um mobile Dienste anzubieten und die mobile Technologie als Vertriebskanal zu nutzen. Besonders vielfältig sind die Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer Produkte in Afrika: Erfolgreiche Apps wie die mobile Lernsoftware Eneza, m-Farm, ein Service für Landwirte, und der medizinische Informationsdienst medAfrica zeigen das branchenübergreifende Potenzial von Innovationen aus Afrika.
Trotz dieser beeindruckenden Entwicklungen bleiben die Herausforderungen groß: Das technische Ökosystem Kenias ist jung und immer noch instabil. Die Erfolgsgeschichte von M-Pesa hat sich noch nicht wiederholt. Noch mehr Innovationen aus Afrika müssen ihr Potenzial unter Beweis stellen. Der von den Medien inspirierte Spitzname „Silicon Savannah“ erschwert es, das Potenzial des kenianischen Technologiesektors objektiv zu diskutieren. Tatsächlich sind die Rahmenbedingungen für Unternehmertum in Kenia deutlich ungünstiger als in der westlichen Welt, und die Gründung eines profitablen Unternehmens birgt enorme Risiken. Förderinstrumente aus dem westlichen Technologiesektor können nicht eins zu eins übertragen werden.
Innovationen aus Afrika: Wie man ein Technologie-Ökosystem etabliert
Damit sich das kenianische Technologie-Ökosystem langfristig etablieren kann, müssen die spezifischen regionalen Bedingungen im Rahmen der innovationspolitischen Aktivitäten in den Vordergrund gestellt werden. Für Innovationen aus Afrika bedeutet das:
1. Zugänge zu Förderkapital schaffen
Ein omnipräsentes Problem in der Start-up-Welt sind fehlende Finanzierungsmöglichkeiten. In Kenia mangelt es vorrangig an Förderbeträgen im Anfangsstadium, die nicht einmal besonders hoch sein müssen und Unternehmern erlauben, ihre Lebenserhaltungs- oder Hardwarekosten zu decken, bis erste Gewinne erzielt werden.
Gleichzeitig gibt es wenige kenianische Investoren, die sich an Tech-Innovationen aus Afrika beteiligen, da die zu erwartenden Gewinne noch gering, die Risiken dagegen hoch sind. Entwicklungsorganisationen und Unternehmen sollten sich als Investoren engagieren oder Anschubstipendien im Rahmen langfristiger Förderprogramme vergeben. Ebenso könnten sie als Zwischenorganisationen bei der Vergabe von Mikro-Förderungen dienen, um die Transaktionskosten für Investoren zu senken.
Für Investoren und Business Angels müssen – zum Beispiel von staatlicher Seite – Anreize geschaffen werden, um Mikro-Investitionen zu tätigen. Gerade Business Angels, die frühe und überdies auch nichtmonetäre Förderung in Form von Expertise und Mentoring anbieten, sollten gezielt angeworben werden. Vor allem die Stärkung lokaler Business Angels, die den Markt kennen und verstehen, ist essenziell. Zudem sollten Finanzierungskonzepte erforscht werden, die den besonderen Anforderungen von Start-ups in Entwicklungsländern entsprechen.
2. Langfristige Strukturen fördern
Wer in Afrika investiert, investiert in zukünftige Potenziale. Kapitalgeber, die mit kurzfristigen Gewinnerwartungen in den Markt eintreten, haben wenig Aussicht auf Erfolg und setzen für künftige Gründer falsche Signale. Stattdessen sollten Investoren für Unternehmer langfristig wirksame Anreize schaffen und nachhaltige Businessmodelle ermöglichen.
Konkret heißt das, Unternehmen und Institutionen sollten statt einmaliger hoher Preisgelder bei Start-up-Wettbewerben langfristige Förderungen und gezieltes Mentoring anbieten. Es wäre zudem wünschenswert, den Aufbau von Mentoren-Netzwerken auf lokaler Ebene von Regierungsseite und auf internationaler Ebene durch Entwicklungsorganisationen unter Einbeziehung der Diaspora zu forcieren.
3. Kompetenzen aufbauen
Kenias Bevölkerung ist vergleichsweise jung und zeigt eine enorme Bereitschaft, unternehmerisch tätig zu werden. So eignen sich Kenianer zunehmend Programmierkenntnisse an. Allerdings haben die wenigsten relevante Managementkenntnisse, um Geschäftsideen dann erfolgreich umzusetzen. Langfristig müssen afrikanische Universitäten Managementkompetenzen in der Lehre verankern. Beispiele für zentrale Herausforderung beim Aufbau eines Unternehmens in Kenya fasst Ajaja Joshi zusammen.
Kurzfristig sollten Institutionen, die Start-ups fördern oder Tech-Skills vermitteln, dies mit einer betriebswirtschaftlichen Ausbildung verbinden. Entwicklungsorganisationen und IT-Unternehmen können ihrerseits durch Stipendien und Hospitanz-Programme gezielt Gründer- und Führungstalente fördern.
Technologische Innovationen basieren auf guten Ideen –und Hardware. Die afrikanische Tech-Szene steht allerdings bei der Beschaffung von dringend notwendigen Komponenten vor riesigen Hindernissen. Dies liegt zum einen an restriktiven Rahmenbedingungen, um Materialien zu erhalten (fehlende logistische Infrastruktur, hohe Zolle), und zum anderen an fehlenden Ausbildungsmöglichkeiten für den selbstständigen Hardwarebau.
Regierungen müssen die Export- und Importbedingungen für die Hardware als Basis einer technologiebasierten Ökonomie deutlich verbessern, um Innovationen aus Afrika zu fördern. Entwicklungsorganisationen sollten Programme zum Kompetenzaufbau im Bereich der Hardwareproduktion fördern.
4. Stabile reale und virtuelle Netzwerke aufbauen
In Ländern, in denen Unternehmer unter starken finanziellen Restriktionen leiden, ist der Aufbau von Technologie-Treff- punkten (Coworking-Spaces, Inkubatoren und Acceleratoren) besonders relevant. Sie ermöglichen den Zugang zu (gemein- sichtlich genutzter) Hardwareausstattung, Infrastruktur, bezahlbaren Räumlichkeiten und potenziellen Geschäftskontakten. Regierungen, Unternehmen und Entwicklungsorganisationen sollten gezielt das Entstehen solcher Orte unterstützen.
Ebenfalls sollten Orte für den internationalen Wissenstransfer geschaffen werden. Entwicklungsorganisationen könnten Austauschprogramme zwischen westlichen und afrikanischen Start-ups anbieten und Reisestipendien für internationale Konferenzen vergeben. Zudem müssten in Kooperiertion mit den afrikanischen Regierungen gesonderte Einreise- und Visabestimmungen für afrikanische Praktikanten und Studenten aus dem Technologiebereich erarbeitet werden.