Safe & the City verändert wie wir uns durch Städte bewegen
Safe & the City ist eine App, die personalisierte Routen erstellt, um die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Sicherheit und Risiken verschiedener (Bevölkerungs-)Gruppen während ihrer täglichen Wege zu berücksichtigen.
Jillian Kowalchuk, Gründerin und Geschäftsführerin von Safe & the City hat gemeinem mit ihrem Team eine Technologie aus einem Public Health Approach heraus entwickelt, die die Faktoren Kriminalität, Straßenbeleuchtung und über die App gemeldete Vorkommnisse wie sexuelle Belästigung miteinbezieht, um dem/der Nutzer*in eine sicherere Route anzubieten. Mit ihrem zweckgerichteten Unternehmen möchte sie es für jeden ermöglichen, sich sicher in einer Stadt zu bewegen. Wir haben mit Jillian darüber gesprochen wie sie die Idee für Safe & the City hatte, was ihre größten Herausforderungen sind und was ihre Vision für ihr Unternehmen ist.
Wie würdest du dich selbst in drei Wörtern beschreiben?
Jillian: Auf jeden Fall zielstrebig, immer den Status Quo hinterfragend und motiviert durch Fortschritt.
Wie kam die Idee für Safe & the City? Was war deine Inspiration, was war der Vorfall, der dich dazu gebracht hat ein Unternehmen zu gründen?

Jillian: Ich bin in meinem Leben viel gereist und in Jemen im Nahen Osten aufgewachsen. Als kleines Kind habe ich bis zum Zeitpunkt als der Bürgerkrieg ausbrach nie über meine Sicherheit nachgedacht. Diese drastische Veränderung durch unsere Flucht gemeinsam mit anderen Flüchtlingen aus dem Land, hat nicht nur mein Denken über Sicherheit verändert, sondern auch über Ungleichheiten in der Welt. Glücklicherweise konnten meine Familie und ich zurücke nach Kanada gehen, trotzdem hat der Vorfall in mir einen Sinn für die Ungerechtigkeiten in der Welt geweckt und ich habe angefangen den Status Quo um mich herum oft zu hinterfragen. Dies hat mich auch später als Erwachsene motiviert verschiedene Kulturen zu entdecken. Ich habe in neun Ländern, Deutschland mit eingeschlossen, gelebt, aber ich wurde immer ermahnt dies nicht alleine zu tun, vor allem als junge Frau.
Ich wollte nicht, dass mein Geschlecht meine Freiheit oder meine Fähigkeit mein Leben nach meinen Vorstellungen zu leben, einschränkt. Das hat allerdings auch dazu geführt, dass ich mehr Risiken und Gefahren ausgesetzt war und mich dazu gezwungen, schneller erwachsen zu werden.
Nach Abschluss meines Masters in Gesundheitswesen und Epidemiologie bin ich nach London gezogen, um eine akademische Karriere zu verfolgen. Da ich neu in der Stadt war, habe ich Navigationsapps benutzt, um mich in der Stadt zu bewegen. Allerdings habe ich das Problem wahrgenommen, dass diese Apps uns alle gleichbehandeln indem sie uns einfach nur die schnellste Route anzeigen. Ich wurde oft, während ich alleine in einer neuen Stadt unterwegs war, durch einen dunklen Park oder Gasse geführt und dies waren keineswegs Orte an denen ich mich sicher gefühlt habe. Durch mein Vertrauen in diese Apps war ich hierdurch manchmal dem Risiko ausgesetzt ungute Erfahrungen zu machen.
Eines nachts, bin ich der Google Maps Route durch eine Gasse gefolgt. Dort stieß ich auf zwei Küchenhilfen in ihrer Raucherpause. Die beiden Männer bemerkten, dass ich mich verlaufen hatte, blockierten meinen Weg und drohten mich sexuell zu belästigen. Ich konnte mich aus dieser Situation retten, wahrscheinlich, weil ich bereits zuvor Erfahrungen mit sexueller Belästigung gemacht habe. Nachdem ich zu dem Restaurant gerannt bin, wo ich eine Freundin treffen wollte und ihr erzählt habe was passiert ist, konnte ich nicht aufhören darüber nachzudenken, dass jemand anderes in dieselbe Situation hineingeraten wird und vielleicht nicht so viel Glück haben wird wie ich. Die Polizei wusste es nicht was passiert ist, das Geschäft ebenso nicht, Anwohner*innen und andere Menschen, die durch diese Gegend laufen, würden es auch nicht wissen. Was wäre, wenn es ein App gäbe, die nicht nur Warnungen herausgibt, sondern auch gesammelte Informationen zu Vorfällen an verschiedene Organisationen und Institutionen, wie die Polizei, weiterleitet, um für einen Wandel zu sorgen. Dies war der Start von Safe & the City.
Wie hast du dann angefangen das Unternehmen aufzubauen?
Jillian: Als Neueinsteigerin kannte ich noch nicht so viele Leute, vor allem keine Unternehmer*innen. Deshalb musste ich mich mit Menschen umgeben, die diesen Traum schon lebten und damit das Selbstvertrauen, dass ich das selbst auch kann, entwickeln. Dies war der erste Schritt und dann tägliches Lernen, die Erfahrung schnell zu versagen, das Suchen nach talentierten Teammitgliedern, Berater*innen und Unterstützer*innen, die mir tatkräftig unter die Arme greifen konnten.
Mittlerweile bist du seit mehr als zwei Jahren mit Safe & the City tätig, wenn du heute zurückblickst, was waren deine größten Herausforderungen und wie hast du diese überwunden?
Jillian: Eine meiner größten Herausforderungen war es Investment zu bekommen. Da gibt es mehre Ebenen an Erfahrungen, die mit solchen Herausforderungen kommen. Es ist schwer zu wissen, ob das ausschließlich Frauen betrifft, aber aus eigener Erfahrung und durch das Gespräch mit anderen scheint es zusätzliche Herausforderungen zu geben. Ich hatte mehrere Erfahrungen bei denen ich mit sexueller Belästigung in Situationen mit Investoren umgehen musste. Tatsächlich war es meine erste Erfahrung mit einem Venture Capitalist bei dem ich vorgestellt wurde. Dies war kein Einzelfall für mich und durch ungleichen Machtdynamiken kann dies eine optimale Situation sein, um eine Person zu manipulieren und einen Vorteil aus ihr zu ziehen.
Die andere Schwierigkeit dreht sich mehr um die Geschlechter-Verzerrung. Die Statistiken lügen nicht, nur 2 % des Venture Capital Investments gehen an Frauen. Deshalb gibt es umso mehr Druck jedes Element zu perfektionieren, aber selbst wenn es Unterstützung gibt zu einer besseren Führungskraft zu werden, kann es auch frustrierend sein aufgrund deines Aussehens in Frage gestellt, angezweifelt und diskriminiert zu werden.
Gibt es ein Highlight an das du denkst, wenn die Dinge nicht gut laufen?
Jillian: Kürzlich hatte ich solch einen Moment als ich meinen TEDx talk gehalten habe zum Thema „Equality by Design“, was ein Highlight für mich war und mich selbst richtig stolz auf mich gemacht hat. Wenn Dinge nicht gut laufen, habe ich auch einen „Glücks-Werkzeugkasten“ mit einer Ansammlung von Briefen, Textnachrichten oder Geschichten – was Menschen zu mir gesagt haben über die Wichtigkeit dessen was ich mache und wie es Leben verändert. Dies sind Nachrichten, die so wichtig werden, um weiterzumachen.
Basierend auf deinen Erfahrungen, die du in den letzten zweieinhalb Jahren gesammelt hast, was ist dein Ratschlag für aufstrebende weibliche Unternehmerinnen?
Jillian: Ich denke es ist sehr wichtig, dass man sich mit Menschen umgibt, die denselben Weg gehen. Ich bin nicht sicher, ob ich denselben Drive hätte und dasselbe tun könnte, wenn ich niemals andere erfolgreiche Frauen im Tech-Sektor gesehen hätte. Nicht nur weibliche Unternehmerinnen, sondern Gründerinnen, die ihre Werte leben, Gutes tun und authentisch sind im Hinblick auf wer sie sind.

Was sind die nächsten Schritte für Safe & the City?
Jillian: Wir werden unsere Investorenrunde bald schließen und planen die Markteinführung der ersten Version von Safe & the City in Berlin. Wir suchen nach Eventorganisatoren und anderen Mobile Apps Unternehmen in Berlin, die an unserer „Öffentliche-Sicherheit-als-Dienstleistung Technologie“ interessiert sind. Wir schauen auch auf andere Städte wie Chicago, Detroit und New York City.
Was macht Jillian glücklich, wenn du an Safe & the City in vier Jahren denkst?
Jillian: Wir wollen, dass Safe & the City zumindest in zehn großen Städten vertreten ist, sowohl sehr profitable als auch gesellschaftlich wirkungsvolle Erkenntnisse generiert, um die Veränderungen, die wir in der öffentlichen Sicherheit machen, messen zu können. Für mich persönlich würde ich gerne eine bessere Work-Life-Balance finden und meine Stimme und Position nutzen, um ein Befürworterin für Gleichberechtigung zu sein.
Deine Vision für F-LANE in einem Wort?
Jillian: Fortschritt durch Bewegung.