Wie Datenjournalisten die Nachrichten verändern
Im Journalisten-Salon sprachen Michael Kreil und Hendrik Lehmann über ihre Arbeit als Datenjournalisten für den „Tagesspiegel“.
Der Datenjournalismus ist eine noch junge Sparte der Berichterstattung. Doch er wird immer wichtiger. „Daten sind das neue Öl“, so der Werbefachmann Michael Palmer im Jahr 2006. Klar ist: Regierungen, Konzerne und NGOs sitzen auf Unmengen von Daten – mit Betonung auf sitzen. Und weiter? „Daten zum Klingen zu bringen ist das Aufgabengebiet des Datenjournalismus“, schreibt Lorenz Matzat in seinem 2016 erschienenen Buch „Datenjournalismus“.
Parteispenden, Mietpreise, Flüchtlingsrouten: Nur drei Themen, die sofort verdeutlichen, wie wichtig „Data Driven Journalism“ geworden ist. Dazu kommen die sozialen Netzwerke, die letztlich nichts anderes sind als riesige Datenberge. Sie müssen nur ausgewertet werden. Allerdings verhindert oft eine Technikferne in Verlagen und Medienhäusern die ernsthafte Integration von Codern, Designern und Datenexperten in den redaktionellen Alltag. So bleiben datenjournalistische Projekte im deutschsprachigen Raum Mangelware.
Um den aktuellen Zustand des Datenjournalismus näher zu betrachten hatte das Vodafone Institut in Kooperation mit #mekolab, Deutschem Journalistenverband und „taz“ am Mittwoch zum Journalisten-Salon in das Vodafone Hauptstadtbüro eingeladen.
Auf dem von Johannes Altmeyer („Welt“) moderierten Panel saßen Michael Kreil und Hendrik Lehmann. Kreil arbeitet als Mitglied des „Data Science and Stories“-Teams für den „Tagesspiegel“. Lehmann ist Redakteur beim „Tagesspiegel“ und quasi Geburtshelfer der dortigen Plattform Digital Present. Beide hatten zuletzt mit einer ausführlichen Twitter-Analyse verschiedener Parteien und Medien für Aufsehen gesorgt.

Um Themen wie diese umzusetzen, braucht es einen überdurchschnittlichen Aufwand. Datenjournalismus ist kein Tagesgeschäft. Kreil sagt: „Als Datenjournalisten sind wir kaum in den redaktionellen Alltag eingebunden. Wir planen in anderen Zyklen.“ Während viele klassische Zeitungsartikel normalerweise von einem Journalist verfasst werden, seien bei einer Daten getriebenen Story immer mehrere beteiligt – neben dem Redakteur und Datenanalysten meist mindestens auch noch ein IT-Mitarbeiter und Grafiker. „Datenjournalismus ist immer Teamarbeit“, fasst Kreil es zusammen.
Da sich viele Medienunternehmen in einer wirtschaftlich angespannten Situation befinden, werden solche Ressourcen nicht einfach so zur Verfügung gestellt. Lehmann sagt: „Um sich das leisten zu können, ist schon die Unterstützung der Chefredaktion nötig.“ Andererseits sei es nicht unbedingt notwendig, ein brillanter Programmierer oder Datenanalyst zu sein, um Datenjournalismus zu betreiben. Lehmann: „Selbst in einfachen Excel-Tabellen können viele gute Geschichten stecken.“
Dies verband Lehmann mit Kritik an einigen Kollegen. Viele Statistiken würden einfach nicht geprüft, sei es mangels Zeit oder mangels Know-how. Insofern seien Journalisten bei datenintensiven Statistiken besonders anfällig, lediglich Verkünder von PR-Botschaften zu werden.
Dass dies nicht der Anspruch von seriösem Journalismus sein kann, ist klar. Letztendlich verändert qualitativ hochwertiger Datenjournalismus die Nachrichten also tatsächlich: Die Nachrichten werden glaubwürdiger.
Photo Credit, Beitragsbild: Henrik Andree / meko factory