Neu ist: Der Roboter selbst generiert die Sensordaten, aus denen er lernen soll. Er entscheidet, wie er sich bewegt, wo er hinsieht oder wohin er läuft. Das Ergebnis dieses Lernprozesses verändert wiederum das Verhalten des Roboters, er bewegt sich zum Beispiel effizienter oder läuft sicherer.
Das führt zu einem Dilemma, auf das Forscher des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Tübingen hinweisen: Um etwas dazuzulernen oder besser zu werden, muss der Roboter neues Verhalten ausprobieren, also bewusst von bereits gelerntem Verhalten abweichen. Dabei kann er auch „falsch“ lernen – also etwa die Fähigkeit zu laufen verlieren. „Es geht um Erziehungsfragen“, heißt es aus dem Future of Humanity Institute in Oxford, das sich ebenfalls mit dieser Frage beschäftigt.
Was passiert, wenn Menschen den „roten Knopf“ drücken, um falsches Verhalten zu stoppen? Ein Roboter könnte lernen, den Effekt des Aus-Schalters zu unterlaufen. Der Technikphilosoph Nick Bostrom denkt bereits laut über superintelligente Roboter nach, die sich nicht abschalten lassen.
Jetzt werden die Büros erobert
Der lernende Roboter hat die Forschungslabors noch nicht verlassen. Doch selbst seine weniger wissbegierigen Kollegen sind klug genug, um nach den Fabriken jetzt die Büros zu erobern. Es werden nicht nur Werkbänke geräumt, sondern auch Schreibtische. Maschinen übernehmen Controlling, Übersetzungen und medizinische Diagnosen, sie sortieren Bibliotheken und entwerfen Häuser. Das Mannheimer Forschungsinstitut ZEW hat errechnet, dass in Deutschland gut fünf Millionen Jobs leicht automatisierbar wären – die meisten in Büros.
Die ZEW-Forscher orientieren sich an einer Studie von Michael Osborne und Carl Frey, die für die USA hochrechnen, dass Maschinen – oft Roboter – in den nächsten zwei Jahrzehnten 47 Prozent aller Jobs übernehmen. „Alles, was sich digitalisieren und automatisieren lässt, wird digitalisiert und automatisiert“, prognostiziert Oxford-Ökonom Frey auf dem „Digitising Europe“-Summit. Deshalb müssten sich die meisten Arbeitnehmer in Transport- und Logistikberufen sowie ein Großteil der Büroangestellten nach neuen Aufgaben umsehen. Nicht alle würden gleichwertige Aufgaben finden.
Auch in den Fabriken können Roboter neue Funktionen übernehmen, sobald sie ihren Käfig verlassen dürfen. Heute verrichten Produktionsroboter ihr Schweiß-, Lackier- und sonstiges Tagwerk vorwiegend hinter Gittern – aus Sicherheitsgründen, damit sie keine Menschen verletzen. „Ein Industrieroboter kann ein gefährlicher Geselle sein“, sagt Norbert Elkmann, Leiter des Bereichs Robotersysteme des Fraunhofer-Instituts IFF in Magdeburg.
Solche Roboter wiegen bis zu fünf Tonnen und entfalten enorme Kräfte. Künftige Modelle sollen sehr viel leichter sein. Im IFF-Labor wird erforscht, wann Zusammenstöße mit Robotern den Menschen gefährlich werden und wie sich das verhindern lässt. Elkmanns Ziel: „Roboter und Menschen sollen Hand in Hand arbeiten.“ Und das schon bald. Experten gehen davon aus, dass der Anteil von Mensch-Roboter-Systemen in der Produktion in den nächsten Jahren steil ansteigen wird.
Wo der Mensch gefragt bleibt
Ob in den Fabriken oder in den Büros: Was Roboter besser können als Menschen, werden sie übernehmen. Sie sind schneller, billiger und machen weniger Fehler. Und sie werden dort eingesetzt, wo Menschen überfordert wären – oder gefährdet: Roboter
- entschärfen Bomben und Minen,
- kontrollieren Windräder,
- erkunden die Oberfläche des Planeten Mars,
- arbeiten bei extremer Hitze oder Kälte,
- warten Röhren, Schächte und Tunnel und
- bearbeiten Mikrochips im Labor auf Tausendstel Millimeter genau.
Wo also bleibt der Mensch? Die Antwort von Oxford-Ökonom Frey auf dem „Digitising Europe“-Summit weist den Weg: „In den Bereichen sozialer Intelligenz und Kreativität wird menschliche Arbeit weiterhin einen Wettbewerbsvorteil haben.“ Wohl dem, der komplexe Probleme zu lösen versteht.