Sozialpolitische Veränderungen und Investitionen sind essenziell
„Heute haben wir zum ersten Mal überhaupt eine wirkliche Wahl,“ formulierte es Data-Pop Alliance Academic Director Alex „Sandy” Pentland vor einigen Wochen und ergänzte: „Der entscheidende Faktor von Demokratisierung war immer die Aufteilung der Machtressourcen in den Händen einer großen Allgemeinheit, weshalb die Anwendung autoritärer Kontrolle überaus schwierig war. Bei Daten scheint es ähnlich zu sein: um autokratische Kontrolle zu verhindern, muss die Gesamtbevölkerung einen effektiven und direkten Zugriff auf die Daten haben, die sie selbst betreffen“.
Das wird enorme sozialpolitische Veränderungen und Investitionen gleichermaßen verursachen und auch schlicht notwendig machen, aber es liegt nicht völlig außer Reichweite. Denn die Technologie – auch dafür – ist da: „Technologisch ist es mittlerweile absolut möglich einen Datenverwaltungsstandard zu nutzen, der nicht einmal den Mächtigsten dieser Welt Datenmissbrauch ohne weiteres ermöglicht – Gewaltandrohung ausgeschlossen“ schreibt Pentland dazu.
Zivilgesellschaften überall auf der Welt – aber auch einigen Privatunternehmen und Regierungsinstitutionen – wird nun offenbar, dass Einzelpersonen zukünftig deutlich mehr Kontrolle darüber haben sollten und haben werden, wie die sie betreffenden Daten genutzt werden – sowohl von ihnen selbst als auch von Seiten möglicher Daten-Drittverwalter.
Neue Verhaltenskodizes, Ethik-Prinzipien und rechtliche Rahmenbedingungen werden sich etablieren. Bedingung, aber auch Folge dessen, wird die Entstehung einer nicht unerheblichen Daten-sensiblen – oder vielmehr einer im Angesicht des Datenzeitalters gebildeten – Bürgerschaft sein: Einzelpersonen und Gruppen mit dem „Verlangen und den Fähigkeiten, sich durch und über Datennutzung konstruktiv in die Gesellschaft einbringen“ (Pentland).
Dies könnte die Mitgestaltung von universell gültigen Verhaltenskodizes einschließen, muss freilich nicht darauf beschränkt bleiben. In erster Linie wird es darauf ankommen, Begegnungs- und Diskussionsräume zu schaffen, wo Meinungen frei geäußert, verschiedene Blickwinkel offen eingenommen werden dürfen, um gemeinsame Nenner zu definieren und unnötige Grabenkämpfe, Repressalien und Widerstände zu vermeiden – mit dem Ziel Daten für die Bevölkerung „arbeiten“ zu lassen.
Datenrevolution mit einer sozialen Komponente?
Diese konstruktiven, interaktiven und informativen Räume zu gestalten ist das oberste Ziel der Digitising Europe Initiative – einer europaweiten Diskussion über Europas digitale Ökonomie, initiiert vom Vodafone Institut für Gesellschaft und Kommunikation in Zusammenarbeit mit Data-Pop Alliance.
Im Zuge dieser Initiative wird es innerhalb der nächsten sechs Monate mehrere Stakeholder-Dialoge in europäischen Metropolen – nach dem Startschuss im November 2015 in Berlin, geht es in Brüssel, Madrid und Dublin weiter – geben, um darüber zu debattieren, wie man die Implikationen der Datenrevolution „richtig“ deutet und steuert.
Wir sind hoffnungsvoll, dass die Veranstaltungsreihe gleichermaßen Bewusstsein, Ideen und Zusammenarbeit fördern kann, um der Datenrevolution ein sozialeres Antlitz zu verleihen und den Menschen stärker in den Mittelpunkt zu rücken.